Erinnerung an den Völkermord an den Sinti und Roma: Kampf um Anerkennung und Teilhabe
Ein Vortrag von Kamil Majchrzak
Vor dem Hintergrund des Internationalen Gedenktages an die Opfer des Holocausts begeht Nordbahngemeinden mit Courage am 27. Januar 2025 um 19 Uhr zusammen mit der Gemeinde Hohen Neuendorf im Rathausfoyer eine Gedenkveranstaltung samt Eröffnung der Ausstellung "HinterFragen. Sinti und Roma – Eine Minderheit zwischen Verfolgung und Selbstbestimmung".
Am 16. Dezember 1942 erging der sogenannte „Auschwitz-Erlass“, der die Deportation aller Sinti und Roma in Europa in das deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau anordnete. Darunter befanden sich über 10.000 deutsche Sinti und Roma. Die Entrechtung der deutschen Sinti und Roma begann bereits mit den Nürnberger Rassegesetzen von 1935. Kurz darauf wurden zwischen 1936 und 1945 erste Zwangslager, z.B. in Berlin-Marzahn eingerichtet die der Konzentration und Selektion nach rasseideologischen Kriterien, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit und der Vorbereitung der Deportation in Konzentrationslager und in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau dienten. Insgesamt wurden im besetzten Europa mehrere Hunderttausend Sinti und Roma in Konzentrationslagern oder durch Einsatzgruppen der SS ermordet.
Die nationale Minderheit der Sinti und Roma ist seit mehr als 600 Jahren in Deutschland beheimatet. Auch wenn die Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma in den letzten Jahrzehnten beachtliche Erfolge erzielen konnte, sind Vorurteile und rassistische Denkmuster im Alltag weiterhin wirkungsmächtig.
Der Antiziganismus hat sich in einer jahrhundertelangen Geschichte herausgebildet und zu Ausprägungen geführt, die sich dabei von anderen Formen rassistischer Diskriminierung deutlich unterscheiden. Die Notwendigkeit einer Unterscheidung ist nicht zuletzt aufgrund des an Sinti und Roma begangenen nationalsozialistischen Völkermords sowie der sogenannten Zweiten Verfolgung nach 1945 in der Bundesrepublik evident. Wie kann die Zeugenschaft an den Holocaust der Sinti und Roma bewahrt werden und die Bekämpfung des Antiziganismus zu einer Aufgabe der gesamten Gesellschaft werden?
Kamil Majchrzak ist polnisch-deutscher Jurist und Mitglied des Polnischen Verbands Ehemaliger Politischer Häftlinge der NS-Gefängnisse und Konzentrationslager (PZBWPHWiOK).
Seit Jahren engagiert er sich gegen Antisemitismus und Antiziganismus und streitet für die Anerkennung und Entschädigung von NS-Verfolgten. Gemeinsam mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg erwirkte er u.a. die Aufnahme des Staatsziels zur Bekämpfung des Antiziganismus in die Brandenburger Landesverfassung. Für sein Engagement im Bundestag für die Auszahlung von Ghetto-Renten an polnische Juden und Roma wurde er 2015 mit der Mordechaj-Anielewicz Ehren-Medaille „Aufstand im Warschauer Ghetto"“ und 2019 mit dem Hans-Frankenthal-Preis der Stiftung Auschwitz-Komitee ausgezeichnet.
Wir freuen uns sehr, euch und Sie zu unserer Veranstaltung am Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus begrüßen zu dürfen.
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